Capras Wunschtraum. Oder: Warum Grünalgen die Evolution infrage stellen. (1)

Der österreichische Physiker, Philosoph und Systemtheoretiker Fritjof Capra[1] hat mit seinem 1983 erschienenen und immer wieder aufgelegten Buch „Wendezeit“[2] ungezählte Menschen beeinflusst. Viele, die sich seit den achtziger Jahren in den bundesdeutschen Umweltbewegungen und/oder in der Partei Bündnis 90/Die Grünen engagierten, wurden in ihrer Wirklichkeitswahrnehmung und -deutung von Capra  geprägt.

Interessant ist nun, dass Capra in seinem Buch „Wendezeit“ die darwinistische Evolutionslehre deutlich kritisiert. Darwin lehrte, dass die Höherentwicklung der Organismen durch veränderte Umweltbedingungen einerseits und ziellose Mutationen andererseits angetrieben wurde. Die Organismen – so seine Vorstellung – passten sich auf diese Weise veränderten Umweltbedingungen an.

Capra wendet ein: „Stünde die Anpassung allein im Mittelpunkt der Evolution, dann wäre es schwer zu erklären, warum sich lebende Formen jemals über das Stadium der blaugrünen Algen hinausentwickelten, die perfekt an ihre Umwelt angepasst, in ihrer Fortpflanzungsfähigkeit unübertroffen und seit Milliarden von Jahren ihre Fähigkeit zum Überleben unter Beweis gestellt haben. Die schöpferische Entfaltung des Lebens zu immer komplexeren Formen blieb noch ein Jahrhundert nach Darwin ein ungelöstes Rätsel.“[3]

Zielsicher trifft Capra mit seinen Bemerkungen den zentralen Schwachpunkt der klassischen Evolutionslehre: Wenn ziellose Mutationen allein den Motor der Evolution bildeten, ist in der Tat nicht erklärbar, warum die Entwicklung dann nicht bei den Algen stehengeblieben ist. Denn die waren und sind in der Lage, auch unter extremen Veränderungen der Umwelt zu überleben und sich zu behaupten. Darwins Evolutionslehre ist außerstande die schier unglaubliche Komplexität des Lebens zu erklären.

Capra sieht das Problem und benennt es präzise. Aber er gerät dadurch auch in ein Dilemma. Wenn ziellose Mutationen und Anpassungsdruck nicht die Komplexität des Lebens erklären können, was ist es dann?

(Fortsetzung folgt)