Eine Frage des Vertrauens. (6)

Quelle:  pixabay
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Zehn Minuten später meldete sich der Verkehrsclub erneut. Das Autohaus in Abbeville sei nun doch bereit, die „Diagnose“ zu erstellen. Ober wir damit einverstanden seien. - Wir sagten zu.

 

Ach, wir Unwissenden! Hätten wir bloß dieses Ansinnen abgelehnt! Denn nun - ohne dass wir es hätten ahnen können - segelten wir scharf vor dem Wind in weitere Schwierigkeiten hinein. Der Mittwochmorgen brach an. Wir rechneten stündlich mit der ersehnten „Diagnose“. Jedoch, der Vormittag ging vorüber, und nichts geschah. Am späten Nachmittag meldete sich der Verkehrsclub mit der Nachricht, die „Diagnose“ läge nun vor. Wir sahen uns an: Jetzt war Mittwoch. Am kommenden Samstag mussten wir in unserem zweiten gebuchten Urlaubsquartier an der bretonischen Küste sein. Würde die Werkstatt es schaffen, bis Freitagabend unser Auto endlich zu reparieren? Spätestens am Samstagmorgen müssten wir fahren. Mehr als 500 Kilometer Fahrstrecke lagen noch vor uns. Der Mann vom Verkehrsclub machte alle Hoffnungen zunichte. „Die Diagnose“, so sagte er sinngemäß, „werde uns schriftlich per E-Mail zugehen. Er könne uns aber jetzt schon sagen, dass die nötigen Reparaturen umfangreicher seien. Vor Mittwoch nächster Woche sei unser Wagen auf keinen Fall fertig.“

 

Wir sanken auf die nächstgelegenen Sitzmöglichkeiten. Mittwoch nächster Woche … Da war unser Urlaub fast vorüber. Das würde bedeuten, dass auch unser zweites Urlaubsquartier verloren war. Der Mann vom Verkehrsclub beruhigte. Die „Diagnose“ läge ja nun vor. Also könnten wir jetzt auch einen Mietwagen bekommen, sofern wir unser Auto im Autohaus in Abbeville reparieren ließen.

 

Wir schöpften wieder ein wenig Hoffnung. Das wäre eine Möglichkeit, wenigstens die Hälfte unseres Urlaubs halbwegs zu retten. Aber ach, wir hatten zu früh aufgeatmet. Was die Reparatur denn insgesamt kosten solle, fragten wir. Die Antwort ließ uns schwindlig werden. Im Internet hatten wir bereits herausgefunden, was wir an Kosten zu erwarten hatten. Dies aber war mehr als das Doppelte. Wie konnte das sein?

 

Die E-Mail mit der „Diagnose“ gab Auskunft. Das Autohaus hatte unseren Wagen von Dach bis Auspuff genau unter die Lupe genommen und alles und jedes notiert, was auch nur einigermaßen reparaturbedürftig erschien. Anstatt sich nur um das Ölproblem zu kümmern, hatte man einen General-Check gemacht und all das auf die Reparaturliste gesetzt, was irgend möglich war. So entdeckten wir auf der Liste Auspuffhalterungen und die dazugehörigen Schrauben und Dichtungen. Was aber hatte unser (intakter) Auspuff mit unseren Ölproblemen zu tun? Natürlich gar nichts. Die Werkstatt versuchte offenbar, mit allen Mitteln Geld an uns zu verdienen. Die Sache war hässlich.

 

Uns verschlug es die Sprache … Sollten wir uns wirklich von dieser schlitzohrigen Werkstatt ausnehmen lassen? Nein, entschieden wir, das kann nicht sein!

 

Der Mann vom Verkehrsclub scharrte mit den Hufen. Wenn wir unseren Wagen jetzt nicht in der Werkstatt reparieren ließen, würden wir auch keinen Mietwagen bekommen. Dann hätten wir nur noch die Möglichkeit, unser Auto unrepariert nach Hause schleppen zu lassen. Das könne 4 – 5 Wochen dauern. Wir selbst könnten dann mit der Bahn auf Kosten des Verkehrsclubs nach Hause fahren. Andere Optionen gäbe es nicht. Darüber hinaus müssten wir die „Diagnose“ selbstverständlich bezahlen.

 

Mit mühsamer Beherrschung teilte ich dem Mann vom Verkehrsclub mit, es werde keine Reparatur in diesem Autohaus geben. Er solle sich darum kümmern, dass unser Wagen nach Deutschland gebracht würde. Die Belege für die Eisenbahnfahrt nach Deutschland würden wir schicken. Dann drückte ich auf den roten Hörer auf meinem Handy-Display.

 

 

Es hätte in dieser Situation nahegelegen, das Vertrauen auf die Macht und Güte Gottes wütend wegzuwerfen und ihm stattdessen bittere Vorwürfe zu machen. Das aber wollten wir auf keinen Fall. Zu oft hatten wir in der Vergangenheit erlebt, dass Gott sehr schwierige und geradezu hoffnungslose Situationen zu seiner Zeit elegant und fast geräuschlos zum Besten gewendet hatte. Wir wollten darum das Vertrauen zu ihm auch an diesem Tiefpunkt bewähren. Meine Frau und ich brachten unsere ganze unschöne Lage im Gebet vor Jesus. Aber noch war der Drops nicht gelutscht. 

 

(Fortsetzung folgt.)