Die Akte Kain - Eine nicht verjährte Geschichte (2)

Das ist die Kains-Gesinnung: Hauptsache, meine Ansprüche werden erfüllt – der Rest ist mir egal. Hauptsache, ich komme zum Zug – alles andere ist gleichgültig. Hauptsache, ich bin am Drücker. Alles andere ist ohne Belang. Das - ist die Kains-Gesinnung: Der Neid. Der Rachedurst. Der Hass.

Heute ist jedem vernünftigen Menschen klar: Die Methode Kains führt zu nichts! So wird kein Frieden! Und doch geht die Geschichte weiter. Wiederholt sich. Passiert wieder und wieder und wieder ...

 

Natürlich geschieht das Morden heute eleganter. Es geschieht technisch vollkommener und umfassender. Die Methoden haben sich verfeinert – oder sollte man besser sagen: vergröbert?

 

Überlegen wir mal:

 

Im Krieg 1870/ 71 gab es 54. 000 Gefallene. Im Ersten Weltkrieg gab es  2. 000. 000 Gefallene. Im Zweiten Weltkrieg gab es 3. 250. 000 Gefallene und 3. 350. 000 Ziviltote. Und das sind nur die Zahlen von Deutschland. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch die anderen Völker Millionen Tote hatten, z. B. die damalige Sowjet-Union: 7 Millionen. Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass es seit dem Zweiten Weltkrieg  rund 300 gewaltsame Konflikte gegeben hat, von denen es die meisten noch nicht mal in unsere Nachrichtensendungen geschafft haben. Und schließlich dürfen wir auch nicht vergessen, dass jährlich weltweit Millionen Menschen im Mutterleib gemordet werden. Allein in der Bundesrepublik werden es in diesem Jahr wieder Hunderttausende sein. Und das in einem der reichsten Länder der Erde.

 

Die Geschichte von Kain und Abel ist also mitnichten eine verstaubte Story aus der Frühgeschichte der Menschheit. Die spielt sich auch heute noch ab. Und wir alle spielen irgendwie mit! Wir alle! Denn keiner ist raus, nur weil er noch keinen erschlagen hat. Die Kains-Gesinnung geht schon viel eher los: Es gibt Seelenmord durch Gewaltvideos. Es gibt verschwiegene Gewalt in Ehen und Familien. Es gibt Gewalt gegen Frauen. Es gibt Rufmord mit der Zunge, übers Internet, über die sozialen Medien und die Zeitung. Es gibt Mobbing und Intrigen. Und jeder, der andere hasst, ihnen Böses oder gar den Tod an den Hals wünscht, hängt schon mit drin in dem mörderischen Kains-Spiel.

 

Die Kains-Gesinnung bringt also Zerstörung mit sich. Immer! Und sie hat eine Wurzel: Und das ist der Neid.

 

Kain war neidisch. Als er sah, dass es mit seinem Bruder so schön aufwärts ging, da, so heißt es in  der Akte Kain (Die Bibel, 1. Buch Mose 4, 5), geriet Kain in heftigen Zorn und senkte finster sein Gesicht. Es packte ihn der Neid. Und auch dies ist eine Sache, die sich wiederholt, immer und immer wieder wiederholt:  Es geht uns heute (trotz Hartz IV und trotz Corona-Wirtschafts-Rezession!) immer noch unvergleichlich viel besser als jemals irgendwelchen Menschen vor uns. Wir leben reicher, länger und bequemer. Und trotzdem ist der Neid nicht weniger geworden. Und das scheint mir ein sehr bemerkenswertes Phänomen zu sein!

Man sollte doch denken, dass der Neid eigentlich irgendwann mal enden müsste. Man sollte doch denken: Wenn die Menschen so im Großen und Ganzen bekommen haben, was sie brauchen, dann müsste doch irgendwann mal der Neid in ihnen zur Ruhe kommen. Aber – merkwürdig – das tut der Neid nicht. Im Gegenteil: Der Neid geht mit! Der Neid wächst mit. Immer! Wer wenig hat, ist neidisch auf den, der mehr hat. Wer genug hat, ist neidisch auf den, der mehr als genug hat. Wer im Überfluss lebt, ist neidisch auf den, der als Verschwender leben kann. Wer reich ist, ist neidisch auf den, der steinreich ist. Wer steinreich ist, ist neidisch auf den, der sich Multimillionär nennen darf. Der Multimillionär beneidet den Milliärdär. Und die Multimilliardäre wiederum beneiden sich gegenseitig, weil jeder von ihnen der größte und reichste und der beneidetste Multimilliardär sein möchte.

Der Liedermacher Konstantin Wecker hat vor Jahren mal ein Lied geschrieben. Das trägt den Titel: „Genug ist nicht genug!“ (!) Was für ein Unsinn! Natürlich ist „genug“ genug! Der Gedanke, dass „genug nicht genug“ sein könnte kann nur aus einem Herzen kommen, das im Neid gefangen ist.

Also: Der Neid wächst mit, mit uns Menschen. Er kommt niemals von selbst in uns zur Ruhe. Und daran kann man sehen, wie kaputt, wie krank wir Menschen von Natur aus in uns selbst sind. Wir brauchen Erlösung von Gott, nichts sonst. Sonst bleibt die Kains-Gesinnung unser Schicksal! Die Akte Kain berichtet weiter: 

Der Herr fragte ihn: "Warum bist du so zornig? Was soll dein finsterer Blick? Hast du Gutes im Sinn, dann heb den Kopf hoch! Wenn aber nicht, dann liegt die Sünde schon vor der Tür, und sie hat Verlangen nach dir.  Aber du musst es sein, der über sie herrscht!" (1. Buch Mose 4, 6 - 7)

 

Es war Gott nicht egal, was aus Kain werden und ob er sich sein Leben ruinieren würde. Er warnte ihn deswegen und sagte: „Pass auf! Es droht Gefahr! Neid ist Sünde, du aber herrsche über die Sünde!“

Das heißt: Niemand hat Kain damals gezwungen, die Sünde des Brudermordes zu begehen. Niemand! Kain hat mit seinem Willen zugestimmt. Er konnte, - besser -, er wollte sich nicht beherrschen! Und so nahm das Unheil seinen Lauf ...

 

Und so verwundert es nicht, dass Gott den Kain damals zur Verantwortung gezogen hat, als er die Untat begangen und seinem Bruder das Leben genommen hatte. Er stellte ihm eine sehr entscheidende Frage ...