Weihnachten ist ein Fest mit Haken. Das war schon immer so und gilt selbstverständlich auch heute. Und die Menschen spüren das auch. Sie merken: Dieses Fest hat es in sich! Es kann enttäuschen. Wer es falsch anpackt, den enttäuscht es.
Wie eine Weihnachts-Umfrage ergab, haben viele Menschen geradezu einen Horror vor diesem Fest. Fast jeder fünfte jüngere Westdeutsche gab an, dass er zum Fest das Weite suche. Und so geschieht es! Die Touristik boomt in dieser Zeit. Die Leute verlassen in Scharen die weihnachtliche Stätte – mit allem, was brummt, fliegt oder rollt: mit Flugzeug, Bus, Bahn oder Auto.
Eine Website im Internet beschreibt die Situation mit diesen Worten: „Flughafen Köln-Bonn, ein Tag vor Heiligabend, morgens kurz vor neun. Vor den Schaltern haben sich schon lange Schlangen gebildet. Die ersten Weihnachtsflüchtlinge sind schon seit vier Uhr da. Sie tragen weder Weihnachtstüten noch sorgfältig verpackte Überraschungen unterm Arm. Stattdessen ziehen die Ausreißer hässliche Rollkoffer und Reisetaschen hinter sich her. Einziges Zeichen von Weihnachtlichkeit: Ein junger Mann auf dem Weg nach Bangkok hat ein winziges Schächtelchen Mozartkugeln bei sich. Seine Freundin ist schon seit einer Woche in Bangkok. Auch ihr geht der Weihnachtsstress auf die Nerven. Seit fünf Jahren flieht das Paar schon vor dem Fest. Jedes Jahr suchen sich die beiden ein neues Ziel aus. Weihnachten heißt für sie baden, in der Sonne liegen und Ausflüge machen. Statt Bäumchen schmücken, Geschenke kaufen und Gänsebraten essen. Alle, die hier am Check-In-Schalter stehen, wollen mit Weihnachten nichts zu tun haben.“[1]
Ja, es stimmt: Weihnachten ist ein Fest mit Haken. Weihnachten wehrt sich gegen den himmelschreienden Missbrauch, der alle Jahre wieder mit ihm getrieben wird. Es stemmt sich spröde gegen die zuckersüß-sentimentale Zwangsjacke, die man ihm verpasst hat.
Weihnachten ist ein Fest mit Haken. Wer es ohne Haken haben will, geht leer aus und bleibt zwangsläufig ernüchtert zurück. Oder anders gesagt: Weihnachten ist ein Fest zum Graben. Wer nicht bereit ist, die Ärmel aufzukrempeln und sich „durchzugraben“ zu dem, worum es bei diesem Fest in Wirklichkeit geht, dem bleibt jegliche Weihnachtsfreude verwehrt! Und wahrlich: Es gibt viel zu graben – gerade bei diesem Fest aller Feste.
Der Weihnachtsschatz, das eigentliche Weihnachtsgeschenk, ist tief verschüttet unter 2000 Jahren Geschichte, Religion, Legenden, Romantik, Verniedlichungen, Verirrungen und Vorurteilen. Verschüttet von einem monströsem Kaufrausch, von Konsum, Kommerz, Knusperhäuschen und krausköpfigen Knaben im lockigen Haar. Eine legendenhaft zusammengerührte, sehr sehr dünne Weihnachtssuppe, die in Enttäuschung enden muss.
Weihnachten ist ein Fest mit Haken. Wer es nicht nimmt, wie Gott es gegeben hat, schrammt unweigerlich daran vorbei und rutscht ins Abseits. Er reibt sich spätestens bei der nach-feiertäglichen Entsorgung des Weihnachtsbaumes verwundert die Augen, weil trotz bester Bemühungen dieses Fest wieder einmal an ihm vorübergehuscht ist. Und zwar, ohne auch nur eine einzige bleibende Spur in seinem Herzen hinterlassen zu haben.
Bis heute ist Gottes großes Geschenk vielerorts ein unerkanntes Geschenk. Da treibt es die Menschen in Scharen in die Kirchen am Heiligen Abend. Und sie singen möglicherweise auch all die schönen Lieder mit, die von der Geburt des Sohnes Gottes handeln. Aber sie bleiben im Vorläufigen stecken.
Sie verirren sich hoffnungslos im Oberflächlichen. Sie erkennen Gottes großes Geschenk nicht. Sie sind ganz nahe dran und erkennen es doch nicht!
Sie lassen sich rühren von Mutter, Krippe und Kind. Das ist ja alles so unendlich gefühlvoll und schön. Und dann singen sie womöglich das Lied von der „Stillen Nacht“, und die Kerzen brennen im Kirchenraum. Die Augen der Kinder leuchten. Die Orgel spielt so feierlich. Der Mann in Schwarz mit dem Beffchen da vorne redet so nett. Und dann ergreift sie bewegendes, sanftes Gefühl von Frieden und geheimnisvollem Geschehen. Und das trägt sie davon in ferne, heile Weihnachtswelten, in denen sie für ein Weilchen träumen dürfen. Aber eines begreifen sie nicht: Dass das Kind in der Krippe der Herr der Welt ist, gekommen, um sie zu retten und ihr Leben zu erfüllen. Sie begreifen nicht, dass es um viel mehr geht, als um ein paar schöne fromme Gefühle, nämlich um die rettende Liebe Gottes gegenüber verlorenen Menschen. Sie begreifen nicht, dass aus dem Kind in der Krippe nur zu bald der Herr und Erlöser wurde, der die klaren Worte sagte: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh 14,6). Ein wenig surfen sie auf der Welle religiösen Gefühls. Aber die Welle läuft irgendwann aus. Und sie bleiben zurück und haben bald nichts mehr in Händen.
Und hier kriegt man ihn ganz klar zu fassen, den Haken, der im Christfest steckt: Weihnachten hat mit einer Rettungsaktion zu tun, nicht mit hohen Wellen religiöser Gefühle. Weihnachten verkündet laut, dass Gott Mensch wurde, um verlorene Menschen zurückzuholen ins Vaterhaus Gottes. Weihnachten lädt uns ein, Jesus, den Erlöser in unser Leben aufzunehmen. Weihnachten will bewirken, dass etwas bei uns passiert. Dass etwas bei uns in Bewegung kommt. Dass wir vertrauen und Christus als Erlöser und Herrn annehmen.
Verstehen Sie jetzt? Weihnachten ist ein Fest mit Haken. Es will sich festhaken an uns. Es will uns ziehen, hin zur Rettung für die Ewigkeit. Nur dann erfüllt es seinen Zweck. Und wer diesen Haken nicht will, wer diesem Haken ausweicht, weil er ein wenig schmerzen könnte, der hat nicht begriffen, der hat nicht erkannt, was Gott ihm geben will. Und er wird zwangsläufig von Weihnachten enttäuscht. Das große Fest lässt nur eine große Leere in ihm zurück. Gottes größtes Geschenk an die Menschen ist also – weithin – immer noch ein unerkanntes Geschenk.
Manchmal denke ich: Wie muss es Gott wehtun, dass sein größtes Geschenk für so viele ein unbekanntes oder auch verschmähtes Geschenk ist. Und doch bleibt er dabei, uns seine Liebe zu schenken. Weil er uns nicht einfach in unser Verderben laufen lassen kann. Was für ein Gott ist das! Und was für eine Liebe!