Die Jahre, die Geschwister miteinander in der Familie verbringen, können eine sehr wertvolle Zeit der Vorbereitung auf das Leben als Erwachsene sein. Dies ist genau dann der Fall, wenn sich Eltern und Geschwister mit Respekt, Wertschätzung und immer neuer Offenheit begegnen.
Leider ist das nicht immer so. Oft bilden sich im Beziehungsgeflecht der Geschwister falsche Rollen heraus, die zerstörerisch wirken und die Entfaltung behindern. Botschaften wie zum Beispiel: „Du kannst nichts. Und das wird immer so bleiben!“ können dabei eine Rolle spielen. Aber auch Konkurrenz, Neid und bittere Verletzungen können dazu führen, dass einzelne Geschwister sich irgendwann mit falschen, ihnen aufgedrängten Rollen identifizieren. Sie leben dann in einem Dauerkonflikt mit sich selbst.
Wie kann es nun dazu kommen, dass falsche Selbstbilder und falsche Rollen erkannt und abgelegt werden können?
Oft bringt allein schon der Wegzug aus der Familie eine erste Veränderung zum Besseren. Man lebt nun in einem neuen und ganz anderen Umfeld, zum Beispiel in der Ausbildung oder im Studium. Die Menschen, mit denen man jetzt Kontakt hat, begegnen einem ganz anders, als man es aus der Familie kennt. Falsche, einengende Rollen zeigen sich, können dingfest gemacht und bearbeitet werden.
Vielen hilft auch eine intensive seelsorgerliche Begleitung oder eine Psychotherapie weiter. Die entscheidende Hilfe liegt aber in einer Beziehung des Vertrauens zu Jesus. Wenn Menschen sich für ihn öffnen, bekommen sie Kontakt zu dem größten liebenden Herz, das es gibt.
Das ist der Wendepunkt.
Wenn ein Mensch eine Beziehung des Vertrauens zu Jesus eingeht, erfährt er zunächst, dass er ohne Abstriche angenommen wird. Er muss nicht mehr irgendwelche Rollenerwartungen erfüllen, die ihm schaden, oder die schlicht unerfüllbar sind, sondern er kann er selbst sein. Er erlebt, dass Jesus mit ihm durch den Alltag geht und ihn auch dann nicht verlässt, wenn Fehler passieren. Er erlebt, wie Jesus mit großer Weisheit und Treue in seinem Leben handelt. Er erlebt, dass Gott tatsächlich keine Fehler macht. Es kommt zu einem großen inneren Aufatmen. Alte, falsche Rollen und Verhaltensmuster zeigen sich jetzt deutlicher und lockern ihren Klammergriff.
Aber die Beziehung zu Jesus bleibt nicht an diesem Punkt stehen. Jesus setzt ihn nun auch bei der Vorbereitung seines ewigen Reiches der Gerechtigkeit ein. Er führt ihn in zunächst kleine, später allmählich größere Aufgaben, die ihn voll fordern. Nicht alles gelingt. Es passieren Fehler. Es kommt auch zu Niederlagen. Aber er wächst in seinen Aufgaben. Dabei entdeckt er, wer er ist und was er kann, aber auch wo seine Grenzen liegen.
Parallel dazu läuft ein anderer Vorgang ab: Durch die Gegenwart des Heiligen Geistes in seinem Leben kommt es dazu, dass er allmählich und in einem natürlichen Wachstumsprozess Jesus ähnlicher wird. Davon merkt und sieht er in der Regel selbst nichts. Andere aber nehmen es wahr und sprechen ihn auch hier und da darauf an. In der Beziehung zu Jesus findet er zu sich selbst. In der Hingabe seines Lebens an den Gott der Bibel wird er eine authentische Persönlichkeit.
Die alten zerstörerischen Rollen verlieren in diesem großen Wachstumsprozess immer mehr an Kraft und Bedeutung. Sie verblassen. Sie können den Wachstumsprozess, der durch die Vertrauensbeziehung zu Jesus in Gang gekommen ist, nicht wirklich etwas entgegensetzen. Eine Weile halten sie sich noch. Dann verlieren sie ihre prägende (und zerstörerische) Kraft.
Wer sich für die Beziehung des Vertrauens zu Jesus öffnet, erlebt, dass er
frei wird von alten, falschen Rollen. Er erlebt, dass er eine kraftvolle, authentische Persönlichkeit wird, die in aller Menschlichkeit die überwältigende Größe Gottes widerspiegelt.