Ein Gefühl von Verlassenheit. (5)

Quelle:  pixabay
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Die Phase des Rückblicks und der Bilanz (siehe: Ein Gefühl von Verlassenheit - 3) hat erschütternde Erkenntnisse von eigenem Fehlverhalten gebracht. Was soll damit nun geschehen? Wie können diese dunklen Dinge bewältigt werden, damit sie neu gewonnene Zukunft mit Gott nicht belasten?

 

So schwer es auch fallen mag: Sie müssen vor Gott (Jesus) offen gelegt und rückhaltlos bekannt werden. Am Besten ist es, dies nicht allein, sondern in Gegenwart eines erfahrenen Christen, noch besser in Gegenwart eines Seelsorgers zu tun. Gerade die Anwesenheit eines verschwiegenen Zeugen beim Bekennen eigenen Fehlverhaltens, macht die Größe und Schwere der eigenen Schuld schlagartig bewusst. Es kommt zu einem tiefen Erschrecken darüber, wie viel Schuld im Laufe der Jahre zusammengekommen ist. Diese Erfahrung ist bitter, aber auch gleichermaßen heilsam. All das, was Jahre-, vielleicht jahrzehntelang verdrängt worden ist, kommt jetzt heraus und landet an der einzig richtigen Adresse: Bei Gott.

 

Ist alles bewusst gewordene Fehlverhalten vor Gott ausgesprochen worden, kann der anwesende Seelsorger im Namen Jesu laut die Vergebung zusprechen. So wird direkt (auch gefühlsmäßig) erfahrbar, dass Gott sich unbegreiflicherweise auch angesichts schwärzester Schuld nicht angewidert abwendet, sondern mit umfassender und bedingungsloser Vergebung reagiert. Für viele wird an dieser Stelle (vielleicht zum ersten Mal) greifbar, dass Gott weder der strenge Polizist ist, der sich nur für ihre Fehler interessiert, noch die nörgelige Gouvernante, die alles Versagen hart und unnachsichtig verurteilt. Sie begreifen, wie stark und kompromisslos Gott in seiner Liebe in Wahrheit ist. Es kommt in gewisser Weise zu einer „Entmoralisierung“ ihrer Vorstellung von gott.

 

Die innere Befreiung, die die Erfahrung der Vergebung mit sich bringt, ist groß und reicht tief. Sie bahnt einer nicht tot zukriegenden Freude an der Größe, Freundlichkeit und Geduld Gottes den Weg. Die neue Zukunft mit Gott bekommt jetzt erste Konturen.

 

Im Anschluss an das Bekennen von Versagen und dem Zuspruch der Vergebung wird nun auch konkret über manche nötige Wiedergutmachung gesprochen werden. Sehr wahrscheinlich wird hier und da nötig sein, bestimmte Personen, an denen man schuldig geworden ist, um Verzeihung zu bitten. Auch Wiedergutmachung wird möglicherweise ein Thema sein. Wo und wie das im Einzelnen geschehen soll, wird im Gespräch mit dem Seelsorger verabredet.

 

Natürlich sind solche praktischen Schritte der Bitte um Verzeihung und der Wiedergutmachung manchmal schwer, weil sie demütigend sein können. Wenn sie aber konkret und praktisch gegangen werden, haben sie die wunderbare Wirkung, dass sie die neue Zukunft mit Gott weiter öffnen und auch festigen.

 

Mit Schritten der Wiedergutmachung können auch zerbrochene Beziehungen manchmal wieder in Ordnung gebracht werden. Der einst Verlassene erlebt, dass Menschen, die sich wegen eines Fehlverhaltens von ihm abgewandt hatten, sich ihm nun wieder neu zuwenden. Ein Gefühl großer Dankbarkeit macht sich breit. Die neue Zukunft mit Gott beginnt sich nun auch auf die Beziehungen zu anderen Menschen auszuwirken. Aus tiefer Verlassenheit wachsen neue Beziehungen und mit ihnen neue Geborgenheit.