Sehnsucht (4)

Quelle:  pixabay
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Ich betrat das Lokal, weil ich irgendwo gehört hatte, dass es dort Tee umsonst gab. Das interessierte mich, denn ich hatte kein Geld. Und tatsächlich: Den Tee gab´s wirklich gratis.

 

Etwas fassungslos machte mich dann allerdings die Entdeckung, dass die Betreiber der Örtlichkeit Christen waren, noch dazu aus verschiedenen Kirchen und Freikirchen. Ich fand es schier unbegreiflich, dass Menschen Religion ernst nehmen konnten. Es glich dem Gefühl, plötzlich neben einer Herde Dinosaurier aufzuwachen.

 

Warum ich trotzdem wieder hin ging? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Eine Rolle hat sicher gespielt, dass viele der Christen, die sich dort tummelten, einfach nett waren, irgendwie originell und gar nicht verkrampft.

 

Mein allererster Gedanke, als ich dort hineinschneite, war: „Hilfe, eine Sekte! Nichts wie weg hier!“ Aber der Verdacht bewahrheitete sich nicht. Niemand textete mich zu. Niemand bedrängte mich mit irgendwas. Es war ein guter Ort.

 

Natürlich haben wir auch über Jesus gesprochen, über Gott und über das Leben mit ihm. Und ich fürchte, ich bin mit den Leuten dort nicht sehr fair umgegangen. Ich fühlte mich ihnen überlegen als Atheist. Ich provozierte und konnte zuweilen sehr ironisch sein (eine Unsitte, die ich bis heute nicht ganz abgelegt habe). Manchmal war ich einfach unausstehlich.

 

Trotzdem schoben sie mich nicht ab (was berechtigt gewesen wäre). Sie akzeptierten mich, ohne sich von mir vereinnahmen zu lassen. Manchmal fragte ich mich: Wo nehmen diese Leute die Kraft her, einen wie mich immer noch zu akzeptieren? Ich wusste es nicht.

 

Dann - es dürften zwei Jahre darüber hingegangen sein – begann ich etwas wahrzunehmen, das mich verblüffte. Ihr Leben mit Jesus war keine Masche, auch kein drückendes Joch für sie oder eine schwere Last. Hinter ihrem Leben stand etwas sehr Reales, Kraftvolles, Lebendiges. Ich konnte es deutlich wahrnehmen. Es war gar nicht zu übersehen. Und dieses „Etwas“, das hinter ihrem Leben stand, das war schön, erstrebenswert, kostbar. Es zog meinen inneren Blick auf sich. Und ich spürte, dass ich diesem „Etwas“ nicht gewachsen war. Es war größer, viel größer als ich. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet.

 

Irgendwann habe ich dann – ganz allein für mich – mein erstes Gebet gesprochen. Es war sehr kurz. Es lautete: „Gott, wenn es dich gibt, dann möchte ich dich kennen lernen.“ Nach diesem Gebet geschah – nichts. Kein überirdisches Licht erschien, keine Vision, schon gar kein Engel, - nichts.

 

Es geschah aber etwas anderes, und damit hatte ich nun wieder überhaupt nicht gerechnet. In mir brach eine massive Sehnsucht nach Gott auf. Nach wie vor wusste ich nicht, ob es den wirklich gab. Aber die Sehnsucht nach ihm war da. Sie strömte durch mein Leben. Sie war nicht aufzuhalten. Sie war sehr stark und strahlend. Und sie sagte: „Folge mir, und du wirst finden!“ Ich hätte so etwas nie für möglich gehalten. Aber es war sehr real. Mein Leben bekam Risse. Neue Horizonte schimmerten durch diese Risse herein. Es war unglaublich.

 

Ich bin der Sehnsucht gefolgt. Es gab viele Gespräche, in denen ich Klarheit darüber suchte, was gerade mit mir passierte und in mir vorging. Mein altes Leben war verunsichert und wehrte sich gegen soviel Neues. Vor allem wehrte es sich dagegen, Gott in seine innerste Mitte vorzulassen. Hier gab es Besitzstände zu verteidigen. Aber am Ende streckte ich die Waffen. Gott rollte mit seiner schier unwiderstehlichen Freundlichkeit und Liebe alle Widerstände in mir von hinten auf. Er überwand mich von innen heraus. Aus meiner Sehnsucht nach ihm wurde Liebe. Mein Leben begann sich ganz auf ihn auszurichten. Es gab einen Bruch in meiner Biografie. Das war harte Arbeit. Aber ich wollte das unbedingt.

 

 

Bis heute ist die Liebe zu Jesus die stärkste tragende und verändernde Kraft in meinem Leben. Ich lebe für ihn. Die Sehnsucht, die er in mein Herz gelegt hat, hat mich zu ihm gebracht.