Die enge Pforte

Quelle:  pixabay
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Außergewöhnliches Pech hatte vor ein paar Jahren ein Häftling in Kapstadt (Südafrika). Trotz eines ausgefeilten Fluchtplanes scheiterte nämlich sein Ausbruchsversuch aus dem Gefängnis. Ein Sprecher der Malmesbury-Haftanstalt teilte mit, ein Komplize des Häftlings habe zunächst den Sicherheitszaun der Anstalt durchtrennt und dann zwei hydraulische Wagenheber in die Zelle geschmuggelt. Damit hätten die Insassen dann die Gitterstäbe des Zellenfensters auseinandergebogen. Sieben von ihnen seien schließlich aus der Zelle geflohen. Nur derjenige, für den der Befreiungsversuch eigentlich organisiert worden war, der blieb im Bau. Er kam wegen seiner Leibesfülle nicht durch die Lücke im Gitter.

 

Woraus man unschwer lernen kann, dass enge Durchlasse mit Vorsicht zu genießen sind, weil man unversehens in ihnen stecken bleiben kann. Und: Ein enger Durchlass ist auch jetzt das Thema.  In einem Wort von Jesus ist davon die Rede. Dort heißt es (Die Bibel, Matthäusevangelium 7, 13 – 14)

Geht hinein durch die enge Pforte. Denn die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, und viele sind´s, die auf ihm hineingehen. Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind´s, die ihn finden!

 

 Es gibt viele Wege, die Menschen in ihrem Leben gehen können. Aber nur einer von ihnen führt in die Gemeinschaft mit Gott. Es gibt viele Eingangspforten, durch die Menschen in ihrem Leben hindurchgehen können. Aber nur eine von ihnen führt ins Leben. Und die eine Pforte, die ins Leben führt, ist eine enge Pforte. Nur eine Person kann jeweils die enge Pforte durchschreiten. Und auch die schafft es nur mit Mühe. So eng ist der Zugang zu Gott und seinem Reich.

 

Warum ist das so? Warum ist diese Pforte so eng? Antwort: Weil Gott das so festgelegt hat. Nicht Menschen haben sich die enge Pforte ausgedacht: Menschen vielleicht, die aus irgendwelchen Gründen die Enge lieben und darum die Pforte eng gemacht haben. Oh nein, Menschen tun eigentlich immer das Gegenteil: Sie versuchen, die enge Pforte zu erweitern oder zu umgehen. Nein, die enge Pforte ist eng, weil Gott sie so gemacht hat.

Konkret: Gott stellt die Bedingungen, wie wir zu ihm kommen können. Gott stellt die Bedingungen, auf welchem Weg wir das Leben finden. Nicht wir! Und er hat beschlossen, dass die Pforte ins Leben eine enge sein soll. Wer zu Gott will, der hat diese Pforte vor sich. Er muss sie nicht benutzen. Niemand zwingt ihn. Auch Gott nicht. Aber wenn er in die persönliche Gemeinschaft mit Gott will, dann nur durch diese Pforte. Gott fragt uns nicht, ob uns seine Pforte gefällt. Er fragt uns auch nicht, ob wir sie angenehm finden. Aber er sagt uns, dass sie zum Leben führt.

Die Pforte zu Gott ist eine enge Pforte. Und das heißt: Man kommt nur hindurch, wenn man sich mit aller Kraft hindurchdrängt. Man kommt durch diese Pforte nur hindurch, wenn man eisern entschlossen ist, die andere Seite zu erreichen. Man kommt nur hindurch, wenn man genau weiß, dass es bei dieser Pforte um Leben und Tod und um nichts Geringeres sonst geht. Und darum ist diese Pforte nichts für Unentschlossene und Halbherzige und Zaudernde. Sie ist nur gangbar für Menschen, die all ihre Kraft, all ihren Willen dafür einsetzen, durch diese Pforte hindurch zukommen. An einer anderen Stelle in der Bibel heißt es: (Die Bibel, Lukasevangelium 13, 24): Ringt darum, dass ihr durch die enge Pforte hineingeht; denn viele, das sage ich euch, werden danach trachten, wie sie hineinkommen und werden´s  nicht können.

„Ringt darum ...“, dafür steht im griechischen Text des Neuen Testaments das Wort "agonidsete". Davon haben wir das Wort „Agonie“ – Todeskampf. Und Jesus will damit sagen: Ringt wie in Todesangst darum, dass ihr durch diese enge Pforte hindurchkommt, die ins Reich Gottes geht. Denn nur durch Ringen wie im Todeskampf werdet ihr hineinkommen.

Mir fiel dazu jener junge Amerikaner ein. Am 26. April des Jahres 2003 startete er zu einer Tagestour durch den Blue John Canyon im US-Bundesstaat Utah. Er will ein bisschen wandern und klettern. Für den Abend hat er sich mit Freunden auf einer Party verabredet. Aber daraus wird nichts. In der steilen Schlucht bringt der kraxelnde junge Mann einen verkeilten Felsbrocken ins Wanken. Krachend quetscht der 400-Kilogramm schwere Stein seine rechte Hand an die Wand der Schlucht. Fünf Tage und fünf Nächte hängt er in der Wand. Versucht verzweifelt seine Hand freizubekommen. Vergebens. Er hat den Tod vor Augen. Aber in ihm ist ein unbändiger Wille, eine eiserne Entschlossenheit freizukommen und zu leben. Dann trifft er seine Entscheidung: Mit seinem Messer durchtrennt er seinen Arm, bindet ihn ab. Blutend, entkräftet und dehydriert verlässt er sein Gefängnis, seilt sich 19 Meter tief ab und schleppt sich noch acht Kilometer weit, bevor er auf Wanderer trifft, die den Rettungshubschrauber alarmieren. (https://de.wikipedia.org/wiki/Aron_Ralston).

Durch die enge Pforte werden nur diejenigen gehen, die eine große Entschlossenheit haben. Die eine brennende Sehnsucht nach Gott in sich tragen. Viele andere stehen an der schmalen Pforte. Viele andere wollen irgendwie hin zu Gott. Viele andere wollen ankommen im Himmel. Aber sie wollen die enge Pforte nicht!

Vielleicht sind es Menschen, die wurden getauft als Kind. Sie haben sich möglicherweise sogar konfirmieren und kirchlich trauen lassen. Sie sind religiös. Sie sind interessiert. Sie sind keine Atheisten. Sie wollen zu Gott. Aber: Sie wollen es zu ihren Bedingungen! Und sie wollen die enge Pforte nicht. Die enge Pforte ist ihnen zu eng. Zu hart. Zu fordernd. Zu radikal. Und so schütteln sie am Ende den Kopf. Und gehen fort. Und lassen die enge Pforte hinter sich. Und finden sich wieder auf dem breiten Weg, wo schon viele gehen, die dieselbe Entscheidung getroffen haben wie sie.

Es gibt viele, viele Wege, die Menschen in ihrem Leben gehen können. Aber wenn die enge Pforte nicht am Anfang steht, dann ist es immer wieder nur der eine selbe breite Weg, den sie gehen. Und darum muss jeder Mensch irgendwann in seinem Leben entscheiden: Welche Bedingungen sollen gelten? Meine Bedingungen oder Gottes Bedingungen? Wer sich für Gottes Bedingungen entscheidet, entscheidet sich für die enge Pforte und für das Leben. Wer sich für seine eigenen Bedingungen entscheidet, wählt die breite Pforte und das Verderben.

Die enge Pforte ist Jesus selbst. Er, in Person. Jesus hat einmal gesagt (Die Bibel, Johannesevangelium 10, 9): Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er gerettet werden.  Natürlich stellt sich jetzt sofort die Frage: Wie sieht das konkret aus, wenn Menschen durch Ihn (Jesus), durch die enge Pforte in die Gemeinschaft mit Gott hineindrängen?  Nun, Jesus macht uns darauf aufmerksam, dass wir dazu arm  werden müssen. Er hat einmal gesagt (Die Bibel, Matthäusevangelium 5, 3): Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.

Wir müssen arm werden vor Gott. Das ist die Antwort. Der Durchgang durch die enge Pforte macht uns arm. Und wer nicht arm werden will, der kommt nicht hindurch! Und das erste, was wir loslassen und ablegen müssen an der engen Pforte sind unsere Sünden.

Ein bekannter Prediger und Evangelist hat einmal gesagt: „Du und deine Sünden müssen getrennt werden, sonst werden du und dein Gott nie zusammenkommen.“

Also: Wir müssen unsere Sünden ablegen an der engen Pforte. Damit ist der erste Schritt in die Armut vor Gott getan. Aber es folgen weitere: Wir müssen auch die „Vielen“ verlassen und einsam werden vor Gott: Die Pforte ist weit, und der Weg ist breit, der zur Verdammnis führt, sagt Jesus, und viele sind´s, die auf ihm hineingehen. Und diese „Vielen“ müssen wir verlassen. Wir müssen uns abwenden von ihnen und allein den Weg zur engen Pforte gehen. Wir müssen ein einzelner Mensch werden vor Gott. Die enge Pforte kennt nur einzelne, die eintreten, keine Gruppen. Und das schreckt viele. Sie treten nicht gern aus der warmen Geborgenheit der Masse heraus. Und doch muss es sein, wenn sie gerettet werden wollen!

Und noch ärmer müssen wir werden: Nicht nur die Vielen lassen wir hinter uns, die weitergehen auf dem breiten Weg. Auch ihren Lebensstil, der bis eben auch unser Lebensstil war, legen wir nieder an der engen Pforte: Die Jagd nach Liebe und Anerkennung. Die Jagd nach Auszeichnungen. Die Jagd nach dem Beifall der anderen. Die Jagd nach Macht. Die Jagd nach Luxus und Anschaffungen. Die Jagd nach Macht und Kontrolle über andere. Die Jagd nach dem Platz ganz oben an der Spitze. Die Jagd nach Ehre von Menschen. All dies, was uns bisher vielleicht sehr viel bedeutet hat: Wir legen es ab.

Und dann, wenn gar nichts mehr da ist, wenn wir nur noch allein dastehen mit leeren Händen. Dann gehen wir in die letzte Tiefe der Armut und legen unser eigenes Ich nieder. Wir sprechen dabei auch von der „Lebensübergabe an Jesus“. Unser Ich: Selbstsüchtig und empfindlich. Trotzig und verzagt. Gierig und stolz. Launisch und feige. Wir legen es nieder. Und dann erst sind wir arm genug geworden vor Gott, dass wir uns hindurchkämpfen können durch die enge Pforte.

Wir müssen arm werden vor Gott. Sonst kommen wir nicht durch die enge Pforte. Natürlich: Niemand kann sich die Gemeinschaft mit Gott verdienen. Es ist reine Gnade, wenn wir hineinkommen. Aber wir haben es in der Hand, uns von der Gemeinschaft mit Gott auszuschließen. Und das ist dann der Fall, wenn wir nicht bis in die Tiefe der Armut gehen vor Gott.

 

Die enge und die weite Pforte. Der schmale und der breite Weg. Einen von beiden müssen wir gehen. Gott gibt uns die Möglichkeit zu wählen. Aber wählen müssen wir. Und auch wer nicht wählt, wählt. Denn jeder Mensch, egal wer er ist, wird auf den breiten Weg geboren. Jeder Mensch, egal, wer er ist, bringt die Gottferne schon mit, wenn er zur Welt kommt. Und darum gilt: Wer die enge Pforte nicht bewusst wählt, der hat sich schon für die andere Alternative entschieden: Für den breiten Weg, der ins Verderben führt. Gott will, dass wir das Leben wählen: Die enge Pforte durchschreiten. Den schmalen Weg gehen. Und das Leben finden.