Die großartigste unvollendete Sache der Welt

Quelle:  pixabay
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Der italienische Bildhauer, Maler und Architekt Michelangelo war ein Genie! Seine Skulpturen von Mose und David - um nur zwei von vielen zu nennen - waren außergewöhnlich in ihrer Schönheit und sind heute weltberühmt! - Was viele Menschen jedoch nicht wissen: In der italienischen Stadt Florenz gibt es eine ganze riesige Halle: Und die ist angefüllt mit den unvollendeten Werken Michelangelos. Werke, die wohl angefangen, aber nie vollendet wurden. So groß dieser Mann als Künstler war, er ließ dennoch Vieles unvollendet zurück.

 

Die ersten, die zwei Tage nach der Kreuzigung Jesu an seinem Felsengrab auftauchten, waren drei Frauen. Sie hatten eine Aufgabe vor sich, die bisher unvollendet geblieben war: Eine Aufgabe, die ihnen die Tränen der Wehmut in die Augen trieb und ihr Herz mit bitterer Trauer füllte: Sie wollten die Grablegung Jesu vollenden. Sein Begräbnis zum Abschluss bringen. Das war das Vorhaben, das ihre Gedanken bestimmte. Das war die Aufgabe, die sie nicht unvollendet lassen wollten. Am Freitag hatte man Jesus gekreuzigt.

 

Am Freitag waren ihre Hoffnungen gestorben. Gegen Abend desselben Tages war Jesus vom Kreuz abgenommen worden. Und ein Mann namens Josef von Arimathia hatte für eine rasche Bestattung gesorgt: Rasch hatte man den Toten in Leinentücher gehüllt. Rasch hatte man ihn zu dem eigenen Felsengrab des Josef von Arimathia gebracht. Rasch hatte man die Tür zur Gruft mit dem tonnenschweren Rollstein verschlossen. Es musste alles so schnell, viel zu schnell gehen. Es wurde ein schneller, ein viel zu schneller Abschied von dem einen, der bis dahin die Mitte ihres Lebens gewesen war: Von Jesus, dem Menschensohn. Und jetzt wollen sie (die drei Frauen) das in Ruhe und Würde zum Abschluss bringen, was bisher unvollendet geblieben ist: Sie wollen ein Begräbnis zum Ende bringen, eine Bestattung vollenden.

 

Die drei wissen sehr genau, was sie tun: Sie kommen nicht mit leeren Händen: Sie haben kleine Flaschen aus Alabasterglas bei sich. Zerbrechliche Gefäße mit sehr teuren, stark duftenden Ölen. Alle zusammen haben etwa ein ganzes durchschnittliches Jahreseinkommen verschlungen. Und die sollen jetzt zum Einsatz kommen. Und dann kommen die drei ans Ziel ihres Weges. Stehen da, ihre Hände voll mit all den Fläschchen und Ölen. Doch sie können nichts tun. Sie sehen es gleich: Der Stein vor dem Grab ist weg. Die Gruft ist leer. Außer ein paar Leinentüchern ist nichts mehr da.

 

Und dann taucht plötzlich dieser Bote Gottes auf: Hell, gleißend, ehrfurchtgebietend. Und der sagt ihnen, was hier geschehen ist. Er erklärt, warum dies Begräbnis für immer unvollendet bleiben wird (Die Bibel, Markusevangelium 16, 6 – 7): "Erschreckt nicht!, sagt er. Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht, das ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Und nun geht zu seinen Jüngern und sagt ihnen und dem Petrus: 'Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch angekündigt hat.'"

 

Und die Frauen stehen da: Wie gelähmt von tiefsitzendem Entsetzen, ungläubigem Staunen, pulsierender Freude und atemloser Spannung. Sie stehen da herum: Hilflos, überfordert und völlig durcheinander. In den Händen immer noch all die teuren Sachen, die jetzt kein Mensch mehr braucht. Und sie wissen eines: Sie sind die richtigen Leute am richtigen Ort. Aber mit dem falschen Vorhaben in ihren Herzen. Denn hier gibt es keine Bestattung mehr abzuschließen. Es gibt hier keinen Toten mehr zu ehren. Diese Grablegung bleibt unvollendet.

 

Und das ist etwas Herrliches! Das unvollendete Begräbnis Jesu ist die großartigste unvollendete Sache der Welt! Die unvollendete Beerdigung des Gottessohnes ist das großartigste unvollendete Vorhaben, das es je gab. Denn es zeigt, dass an dieser einen Stelle, bei diesem einen Menschen, Jesus aus Nazareth, der Tod nicht zur Vollendung kommen konnte. Es zeigt, dass an dieser einen Stelle, bei diesem einen Menschen, Jesus aus Nazareth, der Tod mit all seiner Macht doch aufgeben und das Feld räumen musste. Und das ist etwas Herrliches! Das ist etwas, das man gar nicht genug hören und lesen und nachvollziehen kann! Der berühmte Komponist Franz Schubert hat viele beeindruckende Werke geschrieben, die heute noch in aller Welt gespielt werden. Unter seinen Stücken ist auch eine große Sinfonie, die achte Sinfonie, und die trägt einen Beinamen: Die "Unvollendete". Zwei Teile dieser Sinfonie sind fertig geworden. Der dritte Teil blieb ein Entwurf. Er wurde nie vollendet. Warum nicht? Weil Schubert darüber starb. Der Tod ließ sein Werk unvollendet bleiben.

 

Und wenn Sie jetzt an die Grablegung Jesu denken, da ist es genau umgekehrt: Die Grablegung Jesu blieb unvollendet, weil Jesus auferstand. Die Auferstehung von den Toten ließ dieses Werk unvollendet bleiben! Und darum ist das unvollendete Begräbnis Jesu die großartigste unvollendete Sache der Welt! An diesem einen - Jesus Christus - konnte der Tod seine Arbeit nicht vollenden! Mit diesem einen konnte der Tod nicht zum Abschluss kommen. Diesen einen konnte der Tod nicht festhalten. Sondern: Dieser eine - Jesus - machte dem Tod seine Arbeit kaputt! Dieser eine sprengte den Klammergriff des Lebensfeindes. Dieser eine riss das Joch des Sterbens weg! Dieser eine zwang die Macht des Todes nieder! Dieser eine nötigte dem Tod ein unvollendetes Begräbnis auf!

 

Die leibliche Auferstehung Jesu schafft vollendete Tatsachen und ein unvollendetes Begräbnis. So sind die Fakten! Und Fakten sind es: Weder die Evangelien, noch die anderen Schriften des Neuen Testamentes lassen auch nur den Schimmer eines Zweifels daran, dass sie Fakten berichten. Und es ist auch klar, warum. Bitte: Gegen den knallharten, alptraumartigen Tod Jesu konnten nur Fakten aufkommen! Und nichts sonst! All die netten Konstruktionen - von Theologen erdacht - dass die Jünger Jesu Kollektiv-Visionen gehabt hätten oder dass sie auf verschlungenen Wegen innerlich gewahr geworden seien, dass die Sache Jesu doch irgendwie weiterginge. alle diese Konstruktionen sind nichts als Poesie: Lebensfern und wirklichkeitsfremd! Gegen den knallharten, entsetzlichen Tod Jesu damals konnten nur Fakten aufkommen: Die Fakten des leeren Grabes, die Fakten der zurückgelassenen Leinentücher, die Fakten der Engelsbotschaft, die Fakten der Erscheinungen Jesu vor seinen Jüngern, die Fakten seiner leiblichen Gegenwart (die Jünger konnten ihn berühren, mit ihm sprechen und mit ihm essen!). Nur Fakten waren stark genug um Angst und Trauer der Jünger zu verwandeln in überbordende Freude und todesmutige Furchtlosigkeit. Nur Fakten konnten das tun! Nur Fakten! Und darum präsentieren uns die Berichte über die Auferstehung Jesu eben auch Fakten und nichts als Fakten.

 

Und darum gilt: Es gibt jetzt eine Lücke in der endlosen Reihe gestorbener Leute! Es gibt jetzt eine Lücke in der endlosen Reihe vollendeter Begräbnisse. Es gibt jetzt eine Lücke in der endlosen Reihe schweigender Gräber: Es gibt dieses eine Grab, nahe der Stadt Jerusalem, das bis heute ein leeres Grab ist. Es gibt dieses eine Grab, das nicht schweigt, sondern in dem die großen, unfasslichen, gewaltigen Worte fielen: Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht, das ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt hatten. Bitte halten Sie das fest: Es gibt jetzt eine Bresche in der in der geschlossenen Phalanx des Todes. Es gibt jetzt einen Durchbruch aus dem Kerker, den der Tod um die Menschheit gebaut hat. Es gibt jetzt erstmals eine reale Hoffnung gegen den Tod. Eine Hoffnung, die viel, viel mehr ist, als nur vage Vermutungen einiger starker religiöser Seelen. Eine Hoffnung, die auf Fakten ruht. Und die darum auch fest ist und durchträgt! Seit Jesus von den Toten auferstand, gibt es erstmals eine reale Hoffnung gegen den Tod. Eine Hoffnung, die auf Fakten ruht.

 

Und darum kann es nur eines geben, das jetzt für uns zu tun ansteht: Wir müssen hin zu dem Mann, der den Tod in die Knie zwang! Wir müssen hin zu dem Mann, der sein Grab leer zurückließ. Wir müssen hin zu dem Mann, der zu einem neuen (ewigen) Leben von den Toten auferweckt wurde. Wir müssen zu Ihm! Denn nur wo er ist, ist Hoffnung gegen den Tod. Nur, wo er ist, ist der Durchbruch vorhanden. Nur wo er ist, können wir raus aus dem Zugriff des Todes! Nur wo er ist, siegt das ewige Leben über den Tod.

 

Die drei Frauen haben die leere Felsengruft fluchtartig verlassen am Morgen von Jesu Auferstehung. Zu gewaltig war das, was sie dort sahen und hörten. Zurück blieben nur die kleinen Öl-Gefäße aus Alabasterglas und die Leinentücher im Grab. Für sie gab es keine Verwendung mehr! Sie blieben zurück als stumme Zeugen. Stumme Zeugen dafür, dass die Macht des Todes in Jesus ihren Meister und ihren Bezwinger gefunden hat.