Der verstoßene Vater. (5)

Quelle:  pixabay
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Und er ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.

(Die Bibel, Lukasevangelium 15, 15 – 16)

 

Er hängte sich an einen Bürger jenes Landes. „Bürger“ bezeichnet einen privilegierten, reichen Menschen. Nicht alle Bewohner einer Stadt damals waren auch Bürger. Für „hängen“ steht im Griechischen das Wort "kollao", und das heißt eigentlich „kleben“. Also: Der jüngere Sohn klammert sich an einen reichen Einwohner. Und der schickt ihn, wohl um ihn loszuwerden, zum Schweinehüten.

 

Bei uns in der Bundesrepublik werden jährlich knapp 60 Millionen Schweine geschlachtet und gegessen. Das „Schweineschnitzel nach Art des Hauses“ ist ein Klassiker. Im Nahen Osten ist das bis heute undenkbar. Sowohl Juden als auch Muslime verachten Schweine zutiefst. Christen im Nahen Osten schließen sich dieser Sicht der Dinge meist an. Gelegentlich werden in Dörfern Schweine als eine Art Müllabfuhr gehalten: Sie laufen frei herum und fressen Abfälle und Unrat aller Art. Der jüngere Sohn wird nun ausgerechnet zum Schweinehüten geschickt. Tiefer runter geht´s nimmer! Und doch ist er dem Verhungern nahe.

 

Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.  (Die Bibel, Lukasevangelium 15,16)

 

Schoten sind Schweinefutter. Es ist für den menschlichen Organismus unmöglich, sie zu richtig zu verdauen. So sitzt der jüngere Sohn bei den Schweinen und sehnt sich danach selbst ein Schwein zu sein, um die Schoten essen zu können. Aber: Niemand gibt sie ihm.

 

Und jetzt, wo die Kräfte schwinden und der Hungertod näher rückt, jetzt erst ist der Druck groß genug, um den Gedanken an eine Rückkehr nach Hause überhaupt denkbar erscheinen zu lassen.

 

Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!    (Die Bibel, Lukasevangelium 15, 17)

 

Es lohnt, an dieser Stelle sehr genau hinzuschauen. In aller Regel wird dieser Text nämlich so ausgelegt, dass der jüngere Sohn in diesem Augenblick Reue empfunden und Buße getan habe. Aber der Text sagt genau das nicht. In dem Selbstgespräch des jüngeren Sohnes drückt sich keine Reue aus, sondern das Verlangen nach Essen: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! Der jüngere Sohn sagt also nicht: „Ich habe meine Familie beschämt!“ Auch nicht: „Ich habe meinem Vater Schmerzen und Seelenqualen bereitet!“ Er äußert auch kein Bedauern darüber, dass er gesamte Erbe verloren hat. Er will nur eines: Essen!

 

Und so entwickelt er einen Plan. Einen Plan, der ihm das bitternötige Essen sichern und gleichzeitig dafür sorgen soll, dass er das Gesicht wahren kann: Ein gesichtswahrender Plan. 

 

Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!   (Die Bibel, Lukasevangelium 15, 18 – 19)

 

Für „Tagelöhner“ steht im griechischen Text des Neuen Testaments das Wort misthos. Und das ist eigentlich ein Azubi. Ein misthos ist ein Ungelernter, der zum Facharbeiter ausgebildet wird. Warum will der jüngere Sohn gerade das? Nun, die Antwort liegt nahe: Als Auszubildender wird er vom Vater ernährt. Er muss nicht mehr hungern. Und wenn die Ausbildung beendet ist, dann kann er in dem erlernten Beruf Geld verdienen und – seinem Vater das verprasste Geld zurückzahlen. So – hofft er – den Respekt des Vaters, das Wohlwollen seines älteren Bruders und – die Achtung der Dorfbewohner zurückerobern zu können.

 

Das heißt: Der jüngere Sohn sieht das Hauptproblem in dem verlorengegangenen Geld! Und das sehr demütig klingende Bekenntnis: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, bezieht sich auf das vergeudete Kapital. Anders gesagt: Der jüngere Sohn sieht nicht, dass er das Herz seines Vaters gebrochen hat. Er erkennt nicht, wie brutal er die Beziehung zu seinem Vater zerbrochen hat. Er begreift nicht, dass er seinen Vater mit seinem Todeswunsch verstoßen hat. Er spürt nur seinen Hunger. Er ahnt, dass der Hungertod naht. Und so – in dieser sehr kreatürlichen Not - verfällt er auf seinen gesichtswahrenden Plan. Es ist nicht Reue, die ihn zur Rückkehr nach Zuhause treibt. Es ist der Hunger! Der gesichtswahrende Plan soll dazu dienen, noch einmal – ein letztes Mal - das Vertrauen seines Vaters zu gewinnen und ihm einen Platz am Tisch der Arbeiter zu sichern.

 

Die wirkliche Reue wird erst später kommen. Die wahre Schulderkenntnis ist jetzt noch nicht da. Die tödliche innere Gleichgültigkeit ist noch nicht  geheilt. Aber: Der jüngere Sohn tut dennoch den ersten richtigen Schritt: Er schlägt den Weg nach Zuhause ein. Er will nicht die Beziehung zu seinem Vater zurück. Noch nicht! Er will nur etwas von seinem Vater: Dessen Geld und Fürsorge. Aber die Richtung seines Lebens stimmt wieder.

Und auch dies sollten wir genau im Auge behalten! Auch heute ist es so, dass die Erfahrung schierer Not viele Menschen dazu bringt, ganz neu oder auch zum ersten Mal nach Gott zu fragen. Oft ist es eine schwere Krankheit, manchmal auch die Einsamkeit und Verzweiflung nach einer gescheiterten Beziehung oder nach einer Ehescheidung, hin und wieder auch wirkliche materielle Not, die sie fragen lässt: Gibt es Gott? Und wenn es ihn gibt, was ist er für ein Gott? Und: Wie kann ich seine Hilfe bekommen? „Not lehrt beten!“ sagt das Sprichwort. Und da ist was dran!

 

Fast immer ist es dabei so, dass Menschen, die in Not kommen und dann nach Gott fragen, nur etwas von ihm wollen, aber nicht Ihn selbst. Sie wollen Heilung von ihrer Krankheit. Wer könnte das nicht verstehen! Sie wollen Erlösung aus ihrer Verzweiflung und Einsamkeit, ganz klar! Aber nur selten wollen Sie Gott selbst haben. Nur selten wollen sie Jesus selbst haben! Sie erkennen noch nicht, dass ihr wirkliches Problem tiefer liegt. Sie erkennen noch nicht, dass es die Rebellion und Gleichgültigkeit ihres Herzens ist, die sie zu Verlorenen macht. Sie begreifen noch nicht, dass sie im Begriff sind, das Ziel ihres Lebens zu verfehlen. Aber: Die Richtung ihres Lebens stimmt wieder. Sie sind noch weit weg vom Vaterhaus Gottes. Sie sind noch verloren! Aber die Richtung stimmt wieder. Und das ist gut!

 

Und dann ist da noch etwas. Das ist noch viel besser: Und das ist der himmlische Vater! Denn: Der Vater in unserm Gleichnis bleibt der Vater. Er bricht die Beziehung zu seinem verlorenen jüngeren Sohn nicht ab. Oh nein! Die Beziehung wird durch das Handeln des Sohnes zwar unterbrochen! Aber der Vater behält das abgeschnittene Ende des Seils in der Hand, hoffend, dass das andere Ende wieder angebunden werden kann. Das bedeutet Leid für den Vater. Aber in diesem Schmerz des Vaters liegt die Grundlage für eine mögliche Rückkehr des Sohnes.

 

Und er ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.  (Die Bibel, Lukasevangelium 15, 15 – 16)

 

Er hängte sich an einen Bürger jenes Landes. „Bürger“ bezeichnet einen privilegierten, reichen Menschen. Nicht alle Bewohner einer Stadt damals waren auch Bürger. Für „hängen“ steht im Griechischen das Wort "kollao", und das heißt eigentlich „kleben“. Also: Der jüngere Sohn klammert sich an einen reichen Einwohner. Und der schickt ihn, wohl um ihn loszuwerden, zum Schweinehüten.

 

Bei uns in der Bundesrepublik werden jährlich knapp 60 Millionen Schweine geschlachtet und gegessen. Das „Schweineschnitzel nach Art des Hauses“ ist ein Klassiker. Im Nahen Osten ist das bis heute undenkbar. Sowohl Juden als auch Muslime verachten Schweine zutiefst. Christen im Nahen Osten schließen sich dieser Sicht der Dinge meist an. Gelegentlich werden in Dörfern Schweine als eine Art Müllabfuhr gehalten: Sie laufen frei herum und fressen Abfälle und Unrat aller Art. Der jüngere Sohn wird nun ausgerechnet zum Schweinehüten geschickt. Tiefer runter geht´s nimmer! Und doch ist er dem Verhungern nahe.

 

Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.  (Die Bibel, Lukasevangelium 15,16)

 

Schoten sind Schweinefutter. Es ist für den menschlichen Organismus unmöglich, sie zu richtig zu verdauen. So sitzt der jüngere Sohn bei den Schweinen und sehnt sich danach selbst ein Schwein zu sein, um die Schoten essen zu können. Aber: Niemand gibt sie ihm.

 

Und jetzt, wo die Kräfte schwinden und der Hungertod näher rückt, jetzt erst ist der Druck groß genug, um den Gedanken an eine Rückkehr nach Hause überhaupt denkbar erscheinen zu lassen.

 

Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!    (Die Bibel, Lukasevangelium 15, 17)

 

Es lohnt, an dieser Stelle sehr genau hinzuschauen. In aller Regel wird dieser Text nämlich so ausgelegt, dass der jüngere Sohn in diesem Augenblick Reue empfunden und Buße getan habe. Aber der Text sagt genau das nicht. In dem Selbstgespräch des jüngeren Sohnes drückt sich keine Reue aus, sondern das Verlangen nach Essen: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! Der jüngere Sohn sagt also nicht: „Ich habe meine Familie beschämt!“ Auch nicht: „Ich habe meinem Vater Schmerzen und Seelenqualen bereitet!“ Er äußert auch kein Bedauern darüber, dass er gesamte Erbe verloren hat. Er will nur eines: Essen!

 

Und so entwickelt er einen Plan. Einen Plan, der ihm das bitternötige Essen sichern und gleichzeitig dafür sorgen soll, dass er das Gesicht wahren kann: Ein gesichtswahrender Plan. 

 

Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!   (Die Bibel, Lukasevangelium 15, 18 – 19)

 

Für „Tagelöhner“ steht im griechischen Text des Neuen Testaments das Wort misthos. Und das ist eigentlich ein Azubi. Ein misthos ist ein Ungelernter, der zum Facharbeiter ausgebildet wird. Warum will der jüngere Sohn gerade das? Nun, die Antwort liegt nahe: Als Auszubildender wird er vom Vater ernährt. Er muss nicht mehr hungern. Und wenn die Ausbildung beendet ist, dann kann er in dem erlernten Beruf Geld verdienen und – seinem Vater das verprasste Geld zurückzahlen. So – hofft er – den Respekt des Vaters, das Wohlwollen seines älteren Bruders und – die Achtung der Dorfbewohner zurückerobern zu können.

 

Das heißt: Der jüngere Sohn sieht das Hauptproblem in dem verlorengegangenen Geld! Und das sehr demütig klingende Bekenntnis: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir, bezieht sich auf das vergeudete Kapital. Anders gesagt: Der jüngere Sohn sieht nicht, dass er das Herz seines Vaters gebrochen hat. Er erkennt nicht, wie brutal er die Beziehung zu seinem Vater zerbrochen hat. Er begreift nicht, dass er seinen Vater mit seinem Todeswunsch verstoßen hat. Er spürt nur seinen Hunger. Er ahnt, dass der Hungertod naht. Und so – in dieser sehr kreatürlichen Not - verfällt er auf seinen gesichtswahrenden Plan. Es ist nicht Reue, die ihn zur Rückkehr nach Zuhause treibt. Es ist der Hunger! Der gesichtswahrende Plan soll dazu dienen, noch einmal – ein letztes Mal - das Vertrauen seines Vaters zu gewinnen und ihm einen Platz am Tisch der Arbeiter zu sichern.

 

Die wirkliche Reue wird erst später kommen. Die wahre Schulderkenntnis ist jetzt noch nicht da. Die tödliche innere Gleichgültigkeit ist noch nicht  geheilt. Aber: Der jüngere Sohn tut dennoch den ersten richtigen Schritt: Er schlägt den Weg nach Zuhause ein. Er will nicht die Beziehung zu seinem Vater zurück. Noch nicht! Er will nur etwas von seinem Vater: Dessen Geld und Fürsorge. Aber die Richtung seines Lebens stimmt wieder.

Und auch dies sollten wir genau im Auge behalten! Auch heute ist es so, dass die Erfahrung schierer Not viele Menschen dazu bringt, ganz neu oder auch zum ersten Mal nach Gott zu fragen. Oft ist es eine schwere Krankheit, manchmal auch die Einsamkeit und Verzweiflung nach einer gescheiterten Beziehung oder nach einer Ehescheidung, hin und wieder auch wirkliche materielle Not, die sie fragen lässt: Gibt es Gott? Und wenn es ihn gibt, was ist er für ein Gott? Und: Wie kann ich seine Hilfe bekommen? „Not lehrt beten!“ sagt das Sprichwort. Und da ist was dran!

 

Fast immer ist es dabei so, dass Menschen, die in Not kommen und dann nach Gott fragen, nur etwas von ihm wollen, aber nicht Ihn selbst. Sie wollen Heilung von ihrer Krankheit. Wer könnte das nicht verstehen! Sie wollen Erlösung aus ihrer Verzweiflung und Einsamkeit, ganz klar! Aber nur selten wollen Sie Gott selbst haben. Nur selten wollen sie Jesus selbst haben! Sie erkennen noch nicht, dass ihr wirkliches Problem tiefer liegt. Sie erkennen noch nicht, dass es die Rebellion und Gleichgültigkeit ihres Herzens ist, die sie zu Verlorenen macht. Sie begreifen noch nicht, dass sie im Begriff sind, das Ziel ihres Lebens zu verfehlen. Aber: Die Richtung ihres Lebens stimmt wieder. Sie sind noch weit weg vom Vaterhaus Gottes. Sie sind noch verloren! Aber die Richtung stimmt wieder. Und das ist gut!

 

 

Und dann ist da noch etwas. Das ist noch viel besser: Und das ist der himmlische Vater! Denn: Der Vater in unserm Gleichnis bleibt der Vater. Er bricht die Beziehung zu seinem verlorenen jüngeren Sohn nicht ab. Oh nein! Die Beziehung wird durch das Handeln des Sohnes zwar unterbrochen! Aber der Vater behält das abgeschnittene Ende des Seils in der Hand, hoffend, dass das andere Ende wieder angebunden werden kann. Das bedeutet Leid für den Vater. Aber in diesem Schmerz des Vaters liegt die Grundlage für eine mögliche Rückkehr des Sohnes.