Der verstoßene Vater. (1)

Quelle:  pixabay
Quelle: pixabay

Unter der Schlagzeile: "Beleidigung kostet Sohn den Unterhalt" war in den Zeitungen vor ein paar Jahren folgendes zu lesen: "Ein hannoverscher Vater, hieß es da, mittelständischer Unternehmer, hat das Kunststück fertig gebracht, seinem Jura studierenden Sohn den monatlichen Unterhalt von 500 € und die mietfreie Wohnung zu entziehen. Damit reagierte er auf die ständigen Attacken des Sohnes, der ihn auch öffentlich als kapitalistischen Ausbeuter und Umweltverschmutzer betitelt hatte. Der junge Mann erhob gegen die väterliche Sperrung von Wohnung und Monatswechsel Klage, doch das Amtsgericht Hannover stellte sich auf die Seite des Vaters und wies die Klage ab. Jetzt muss der Student zusehen, wie er sich selbst finanziert. Zwischen Vater und Sohn ist es zum Bruch der Beziehung gekommen."

 

Um den Bruch in einer Beziehung und deren Heilung geht es auch im folgenden Abschnitt der Bibel. Traditionell trägt dieser Abschnitt aus dem Neuen Testament die Überschrift: „Der Verlorene Sohn“. Dieser Titel ist nicht ganz unberechtigt, hat allerdings auch Nachteile. Denn es geht nicht nur um einen Sohn in diesem Gleichnis von Jesus, sondern um deren zwei. Beide zusammen werden mit ihrem Vater im allerersten Satz dieses Gleichnisses ausdrücklich genannt. Und darum ist es nicht ganz fair, den zweiten Sohn des Vaters einfach in die Rubrik „unter ferner liefen“ abzuschieben. Vielleicht sollte man diese Gleichnis-Erzählung von Jesus treffender „Der barmherzige Vater und seine zwei Söhne“ nennen. Oder – etwas ungewöhnlich: „Der verstoßene Vater.“

 

11 Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne.

12 Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie.

13 Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen.

14 Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben

15 und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten.

16 Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.

17 Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger!

18 Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir.

19 Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!

 

(Die Bibel, Lukasevangelium 15, 11 – 19)

 

Was wir hier vor uns haben, ist alles andere als harmlos: Hier verstößt ein Sohn seinen Vater, und mit ihm seine ganze Familie – und zwar auf eine äußerst brutale Art und Weise. Was ihn dazu treibt, was genau in ihm vorgeht und – welche Konsequenzen das hat, ist zunächst rätselhaft. Aber wer genau hinschaut, findet es heraus. Es gibt hier viel zu entdecken und viel zu lernen über die Beziehung zwischen uns Menschen und  Gott.

 

(Fortsetzung folgt)