Über Mauern springen

Quelle:  pixabay
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 Man stelle sich vor, der Pastor eines großen Gefängnisses würde auf den Gefängnisfluren mit Plakaten zu seinem nächsten Gottesdienst einladen. Auf den Plakaten steht: „Nächsten Sonntag predige ich zum Thema: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen ...“ Was würde geschehen?

 

Nun, es darf vermutet werden, dass der Pastor bei so einem Thema seine Kapelle rappelvoll hätte. Denn das wäre ja für jeden, der dort einsitzt, ein brandaktuelles Thema. 

Oder: Man stelle sich vor, ein Bürger der DDR wäre (zu Zeiten der DDR) an der Grenze in Ostberlin aufgetaucht mit einem Transparent an seiner Heckscheibe: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen!“ Da wäre sofort der Bär losgewesen. Einem Bürger der DDR ist so was übrigens tatsächlich mal passiert.

Der wollte  im Jahr 1970 mit seinem Wagen zu einem Evangelisten-Kongress nach West-Berlin fahren. Da zu dieser Zeit der Grundlagenvertrag zwischen der DDR und BRD noch nicht geschlossen war, der die problemlose Transitfahrt durch die DDR regelt, musste er sich wie jeder andere Reisende nach West-Berlin einer sehr intensiven Zollkontrolle unterziehen. Zur Freude der zwei Zöllner wurden sie auch tatsächlich fündig: Sie entdeckten nämlich seine Bibel und witterten Lunte. Als sie die Bibel durchstöberten und Seite um Seite umblätterten, entdeckten sie eine Spruchkarte mit den Worten: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“.

Dieser Aufruf, über „die Mauer zu springen“, war für die beiden Grund genug zu der Annahme, dass sie einen „dicken Fisch“ gefangen hatten. Und nun musste der arme Mann nachweisen, dass er kein Fluchthelfer war, der im Begriff war, eine Republikflucht vorzubereiten. Das Verhör dauerte drei Stunden.

Also, man merkt: Dieser eigentümliche Satz (er stammt übrigens aus der Bibel, genauer gesagt aus Psalm 18, 30) kann ungeahnte Folgen haben. Trotzdem bleibt die Frage, was er denn nun eigentlich zu bedeuten hat. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass jemals irgendwer irgendwo mit göttlicher Superpower im Stile Supermanns über irgendwelche Mauern gesprungen wäre. Das kann´s also nicht sein! Aber was hat dieser sperrige Satz aus der Bibel dann für einen Sinn?

Nun, es lohnt es sich, ein bisschen nach links und rechts zu schauen. Da werden die Dinge klarer. Ganz am Anfang von Psalm 18 wird nämlich sein Verfasser genannt: David. Und –wenn man sich mit dem Leben von David beschäftigt, und ein bisschen herumblättert in der Bibel, begreift man sehr schnell, was er mit dem Bekenntnis: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ gemeint hat.

David bekam zu einem sehr frühen Zeitpunkt in seinem Leben (als Jugendlicher nämlich) eine aufregende Perspektive für seine Zukunft geliefert. Gott ließ ihn wissen, dass er (David) eines Tages ganz sicher das Land Israel als Regierungschef anführen werde. So, und mit dieser besonderen Zukunftsperspektive musste David nun leben.

Das war allerdings nicht so einfach, denn es sah nicht gerade danach aus, dass diese schöne Zukunftsperspektive jemals Wirklichkeit werden könnte. David war sehr jung und er war Schafhirte: Nicht gerade ein ideales Sprungbrett zum Sprung ins höchsten Amt im Staate, oder?! Dazu kommt: David hatte nicht studiert. Er hatte keinen Doktortitel. Und Geld war auch keins da.

Dann gab´s noch ein Problem: Der amtierende Regierungschef mit dem schönen Namen  Saul, hörte auf Umwegen von David und entwickelte eine ausgesprochen fiese Eifersucht auf ihn. Er versuchte immer wieder David irgendwie loszuwerden. Er jagte er ihn in die Wüste und verfolgte ihn dann über Monate hinweg mit einem Killer-Kommando. David wurde zum Outlaw. Zeitweise musste er sogar das Land verlassen. Dennoch blieb er König Saul gegenüber immer fair: Als Saul eines Tages ganz allein ausgerechnet in der Höhle in den Bergen auftauchte, in der David sich gerade versteckt hielt, hätte David mit ihm kurzen Prozess machen können. Seine Freunde drängten ihn auch dazu. Aber er wies das von sich!

Lange in Davids Leben sah es so aus, als könne es nichts werden mit der großen Zukunftsperspektive, die Gott ihm gegeben hatte. Die Schwierigkeiten türmten sich wie eine Mauer.

Tja, und dann geschah das Unerwartete: Eines Tages wurde diese Mauer überwunden. David wurde Regierungschef, ohne jemals irgendwie gegen seinen Vorgänger in irgendeiner Weise gekämpft zu haben. Gott selbst machte ihm den Weg frei!  Er half ihm über die turmhohe Mauer von Schwierigkeiten hinweg.

Und daraufhin verfasste David den 18. Psalm und schrieb diese Worte: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“

Und dann? Später gab es noch viele Mauern im Leben von David. Als er König war, schlossen sich viele seiner Gegner zusammen, um ihm das Leben schwer zu machen. Sie brachten eine ziemlich beachtliche Streitmacht auf die Beine, um gegen David und seine vergleichsweise kleine Truppe loszuschlagen. Aber: Sie erreichten ihr Ziel nicht! Im Gegenteil: David schaffte es, dass aus einigen seiner Feinde sogar so etwas wie Freunde wurden.

Oft war David umzingelt, oft musste er in seinem Leben fliehen. Er litt Durst, Hunger und Kälte. Manche Nacht musste er im Freien schlafen. Mehrmals wurde er von guten Freunden oder seinen eigenen Kindern verraten. Dann wieder beschimpft und verspottet. Oft schien seine Lage völlig aussichtslos und dennoch verloren seine Feinde immer wieder gegen ihn. Dabei hatte David meistens die schlechteren Karten, hatte weniger Geld, weniger Waffen und weniger Männer. Nicht nur einmal türmten sich die Schwierigkeiten wie Mauern. Aber: Immer wieder konnte er im Rückblick sagen: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“

Und daran wird etwas deutlich, dass unmittelbar wichtig ist für Sie: Gott hat einen Plan für jeden Menschen. Einen Plan für sein Leben. Und wer sich Gott anvertraut und sensibel ist für seine Leitung, den wird Gott unweigerlich an den Platz bringen, wo er für ihn leben und arbeiten soll.

Natürlich wissen die meisten vorher nicht, welchen Plan genau Gott mit ihnen hat und an welchem Platz er sie gern haben möchte. Da hatte David es ein bisschen leichter. Aber jeder, der bereit ist, sein Leben ganz in Gottes Hände zu geben und sich von ihm leiten zu lassen, wird nach und nach den Platz entdecken, an dem Gott ihn haben will. Und Gott wird ihn ganz sicher an diesen Platz bringen, egal, welche Schwierigkeiten dagegen stehen. Egal, welche Mauern den Weg versperren, Gott wird ihm darüber hinweghelfen. Genau wie David wird er jeden, der ihm vertraut, an den Platz bringen, wo er für Gott leben und arbeiten soll, wo er seine Gaben und Fähigkeiten voll einbringen kann. Und jeder, der das erlebt, wird dann genau wie David sagen können: „Es stimmt! Mit Gott kann man wirklich über Mauern springen!“

Und das scheint mir ein sehr wesentlicher Aspekt zu sein, was unsere Lebensplanung angeht: Viele Menschen denken, dass es allein ihre Sache sei, wie sie ihr Leben planen. Sie kommen gar nicht darauf, dass Gott vielleicht seine ganz eigenen Pläne mit ihnen hat. Sie sprechen nie mit ihm darüber, wie er sich ihr Leben vorstellt und welche Pläne er  für sie hat. Sie wissen nicht, was es heißt, sensibel für Gottes Leitung zu sein. Sie machen alles in Eigenregie und denken, der liebe Gott muss sich fügen.

Wie schade! Denn Gottes Pläne für unser Leben sehen zwar manchmal ganz anders aus als wir uns das vorstellen. Aber sie sind auf jeden Fall besser als unsere Pläne! Immerhin stammen sie von Gott! Und der  ist schließlich nicht irgendwer! Und darum lohnt es, lohnt unbedingt, alle Lebensplanungen mit Gott (Jesus) ausführlich zu besprechen, seine Leitung zu  erwarten und sie dann auch bereitwillig anzunehmen, wenn sie kommt. Wer es tut, wird am Ende sehr dankbar sein.