Gedanken über das Glück

Quelle:  pixabay
Quelle: pixabay

Es geschah vor rund 30 Jahren, als ein französischer Extremsportler mit einem Ruderboot in nur 115 Tagen den nördlichen Pazifik überquert hatte.  Als die Menschen ihn nach seiner Überfahrt jubelnd in dem kleinen US-amerikanischen Fischereihafen Ilwaco begrüßten, passierte etwas ganz Merkwürdiges: Der Mann weinte und sagte in die Mikrofone:  „Das ist ein Glück und zugleich eine Leere. Ich habe so sehr mit einem Ziel gelebt, und jetzt habe ich kein Ziel mehr.“

 

Eine seltsame Aussage, oder? „Das ist ein Glück“, sagte er, „und zugleich eine Leere.“  Gibt´s das, dass ein Mensch Glück und Leere gleichzeitig empfindet? Und wenn´s das gibt, woran liegt das? Oder anders gefragt: Gibt es ein Glück, das keine Leere mit im Gepäck hat?

Ich möchte Ihnen jetzt eine Person der Bibel vorstellen, die sich intensiv Gedanken über das Glück gemacht hat. Der Name dieser Person ist Asaph und der war so etwas Ähnliches wie ein Ober-General-Musik-Direktor beim Staatlichen  Symphonie-Orchester in Jerusalem (vor ca. 3000 Jahren): Also ein Mann, der ganz ordentlich Karriere gemacht hat. Und der präsentiert uns nun den folgenden steilen Satz über das Glück. Er lautet: „Gott nahe zu sein, ist mein Glück!“(Die Bibel, Psalm 78, 23)

Naja, von der Bibel ist man allerhand gewöhnt, deswegen bleiben wir ruhig und entspannt. Aber wer von uns würde diesen Satz so oder so ähnlich in seinem ganz normalen Alltag sagen? Wenn man Sie oder mich fragen würde: „Sagen Sie doch mal, was bedeutet für Sie „Glück“?“, würden wir dann frank und frei antworten: „Gott nahe zu sein, das ist mein Glück!“? Ich glaube eher nicht. Wahrscheinlich wären wir noch nicht mal in der Lage, unsere Vorstellung vom „Glück“ überhaupt in so einen kurzen kernigen Satz zu fassen. Wahrscheinlich würden wir zu einer mehr oder weniger umständlichen Erklärung  anheben.  Aber der kernige Satz von Asaph: „Gott nahe zu sein, das ist mein Glück!“, der würde dabei wohl eher keine Rolle spielen. Oder haben Sie in ihrer Umgebung schon mal von irgendwem irgendetwas in der Art gehört? Ich nicht!

Trotzdem steht er da, dieser klare, etwas sperrige Satz: „Gott nahe zu sein, das ist mein Glück!“ Wie bloß kommt General-Musik-Direktor Asaph dazu, so etwas zu sagen?

Pirschen wir uns heran. Zunächst mal ist klar: „Glück“ ist etwas sehr Persönliches! Jeder Mensch hat eine ungefähre Vorstellung davon, was für ihn/ sie Glück ist. Und strebt danach! Und wir lassen uns genau an dieser Stelle nicht gern reinreden. Als postmoderne Menschen sind wir tolerant. Das heißt: Wir lassen jedem anderen Menschen seine Vorstellung von Glück. Wir lassen auch Herrn Asaph seine Vorstellung vom „Glück“. Aber: Er soll uns auch nicht reinreden in das, was für uns „Glück“ ist. Wir respektieren uns. Wir begegnen einander auf Augenhöhe. Und wir lassen uns in Ruhe. So ticken wir!

An dieser Stelle muss ich nun einen Fauxpas begehen. Denn ich glaube, dass Asaphs Vorstellung vom „Glück“ allen anderen Vorstellungen vom „Glück“ haushoch überlegen ist.

Genauer: Mir scheint, dass „Glück ohne Gott“ zu klein, zu eng, zu dumpf, zu begrenzt ist. Man könnte sagen: Glück ohne Gott ist Glück auf Sparflamme. Und mit diesem „Glück auf Sparflamme“ kommen wir auf Dauer nicht klar. Wir Menschen sind einfach so konstruiert.

Überlegen wir mal: Wir können Erfolg im Beruf haben. Wir können Geld verdienen und eine Menge Anschaffungen machen. Wir können Hobbys und Leidenschaften pflegen: Sport, Musik, Bücher, Kunst, Angeln, Motorradfahren, Reisen, was auch immer! Wir können die Frau/den Mann für´s Leben gefunden haben, gute Beziehungen zu Kindern, Freunden und Verwandten haben. Wir können vor Krankheiten bewahrt bleiben und tolle Events erleben. Und all das bringt uns zweifellos „Glück“.

Aber es kommt der Tag, da spüren wir: Seltsam, all diese glückvollen, schönen Dinge sind gut und wertvoll. Keine Frage! Und doch verlangt meine Seele mit beharrlicher, großer Wucht nach etwas, für das wir zunächst vielleicht keine Worte haben. Unsere Seele verlangt, hungert nach etwas, das sehr viel größer ist, als das Glück, das wir aus dem Alltag kennen und das der Alltag liefern kann. Unsere Seele empfindet Leere – trotz so viel Glück.

Einer, der diese Leere deutlich empfunden hat, ist ein Geschäftsmann, der vor ein paar Jahren im Internet über sein Leben berichtete. Der erfolgreiche Computerexperte hatte nur ein Ziel für sein Leben: Geld verdienen und dieses wieder ausgeben. Er schrieb:  „Beruflicher Erfolg und viel Geld verdienen war für mich das Wichtigste. Ich wurde aber trotzdem immer unzufriedener und begann nach einem echten Sinn für mein Leben zu suchen.“

Liebe Freunde, wenn wir versuchen, mit dem Glück zurecht zu kommen, das uns das Leben so bietet, dann deckeln wir uns selbst. Dann machen wir uns selbst kleiner, als wir sind. Dann ziehen wir uns selbst eine Zwangsjacke an! Dann sind wir gezwungen, den großen Hunger unserer Seele zu ignorieren. Denn den kann man mit dem „Glück des Alltags“ nicht stillen! Wir Menschen sind einfach so. Wir sind so gemacht. Wir sind so konstruiert! Wir können uns selbst nicht entkommen!

Unsere Seele hungert nach etwas, das unserem Leben umfassend Sinn gibt. Unsere Seele hungert nach Antwort auf die Fragen: Woher komme ich? Was tue ich, während ich hier auf der Erde bin? Und wohin gehe ich? Unsere Seele hungert nach einer Geborgenheit, die uns Menschen nicht geben können. Unsere Seele hungert nach einem Gegenüber, das nicht die Begrenzungen eines menschlichen Gegenübers hat. Unsere Seele hungert nach der Bewältigung der Schuld, die sich im Laufe der Jahre bei uns ansammelt. Unsere Seele hat Hunger! Gigantischen, überbordenden Hunger! Und solange dieser Hunger nicht einigermaßen gestillt ist, kommt sie nicht zur Ruhe. Wir sind einfach so gemacht. Wir können uns selbst nicht entkommen! Und wenn wir´s doch versuchen, und den Hunger unserer Seele ignorieren oder betäuben oder versuchen, ihn mit Alltagsglück zu stillen, dann nehmen wir uns selbst nicht ernst. Dann gehen wir grausam mit uns um! Dann verstümmeln wir uns gewissermaßen selbst.

Und darum glaube ich, dass „Glück ohne Gott“ zu klein ist. Darum scheint mir, dass Asaphs Vorstellung vom „Glück“ allen anderen Vorstellungen vom „Glück“ haushoch überlegen ist. Denn bitte: Wenn Menschen es wagen, Gott zu suchen und ihn dann auch finden (denn man kann ihn ja durchaus finden!), dann ist es, als ob ein großes Aufatmen durch sie hindurchgeht. Dann plötzlich bekommt ihre Seele, wonach sie so lange gehungert hat: Einen umfassenden Sinn, der endlich groß genug ist für ein ganzes Leben. Antwort auf die Fragen: Woher komme ich? Was tue ich, während ich hier auf der Erde bin? Und wohin gehe ich? Geborgenheit, die Menschen nicht geben können. Ein Gegenüber, das nicht die Begrenzungen eines menschlichen Gegenübers hat. Und Bewältigung der Schuld, die sich im Laufe der Jahre ansammelt hat. Menschen, die Gott gesucht und gefunden haben, merken plötzlich, wie eng ihr Leben vorher war. Wie eingesperrt. Und sie atmen auf und sagen mit Asaph: „Gott nahe zu sein, das ist mein Glück!“

Eine junge Frau berichtet: „Ich hatte“, sagte sie, „wirklich ein gutes Leben, mit vielem, was mir wirklich Spaß gemacht hat. Aber irgendwann war ich mit meinem Leben nicht mehr zufrieden. Ich spürte, dass mein Leben in der Tiefe nicht erschlossen war. Es war alles sehr lustig und vieles hat Spaß gemacht, ja. Aber ich spürte, dass ich an der Oberfläche blieb. Die Tiefe meines Lebens war nicht erschlossen. Und die ist eigentlich erst in der Begegnung mit Jesus erschlossen worden.“

„Gott nahe zu sein, das ist mein Glück!“